Mittwoch, 3. Juni 2015

Die MotoGP in Mugello - ein italienischer Klassiker

 
Am Wochenende hieß es wieder für mich auf zur Rennstrecke. Diesmal stand das Rennen im wunderschönen Mugello an. Doch wer glaubt es sei alles gut durchorganisiert und strukturiert der hat noch keinen italienischen Grandprix erlebt. Auch für mich ist es das erste Mal in Mugello. Hier läuft alles etwas anders.
Manche Dinge werden ganz italienisch typisch entspannt gesehen oder wirken eben auf den struktur gewöhnten Menschen (wie mich) chaotisch oder verrückt. È difficile!!! Jedenfalls begann die Anreise schon chaotisch. Von meinem aktuellen Aufenthaltsort Florenz nach Scarperia/ Mugello sind es nur knapp 30 km. An sich ganz einfach wenn man ein Auto hat, die Maut bezahlen möchte und früh auf dem Weg zur Strecke im Stau stehen will. Daher bevorzugte ich die Zugverbindung mit der Trenitalia nach Borgo San Lorenzo. Okay die "Regionale" fahren auch nicht sehr regelmäßig in diese Region und die Ausschilderung des Abfahrtgleises habe ich auch vergeblich gesucht, aber an sich ist die Fahrt zum Bahnhof Borgo San Lorenzo sehr gemütlich. Eine spezielle Anschlussverbindung mit dem Bus zur Strecke gibt es für den Grandprix jedoch nicht. Also erkundigt man sich am besten vorher über die (wenigen) Busverbindungen oder ist gut zu Fuß. Es sind ja nur 5 km. Mein Glück war es, dass ich eine private Mitfahrgelegenheit hatte und so weder dass eine noch das andere brauchte.

Am Haupteingang angekommen, beeindruckt Einen schon sehr das ganze Drumherum. Man verliebt sich einfach in diese Gegend. Die Strecke ist sehr idyllisch eingebettet in sanften Hügeln und breitet offen ihre Hände aus um dich willkommen zu heißen. Es ist eine der schönsten Strecke die ich bis dato gesehen habe, mit ihren Naturtribünen ganz nah am Track. Eine strenge Einlasskontrolle gibt es nicht. Man wird eher relaxt durchgewunken. Mit meinem Pass komme ich ins Herz des Circuit´s und habe die Wahl zwischen Anschauen der Trainings und Qualifying auf der Naturtribüne und nebenbei reichlich Sonne zu tanken oder im Fahrerlager nach bekannten Gesichtern und Freunden Ausschau zu halten. In Mugello herrscht deutlich mehr Trubel und Gewusel am Circuit und besonders im Fahrerlager als anderswo. Ich fühl mich wie im Wohnzimmer eines riesigen Rossi-Fanclubs. Rossi wer? Psst lasst diese Frage hier keinen hören! Die Italiener lieben ihr Idol mit der Nummer 46. Rossifumi. Il Dottore. Und auch ich bin ein Fan seid mich der Motorsport vor 14 Jahren infiziert hat. Die einheimischen Fans sind jedoch deutlich kontaktfreudiger als anders wo und zeigen dies mit voller Inbrunst und Heftigkeit. Hier in Mugello zählt nichts Anderes und niemand anderes als der Mann mit der Nummer 46 aus Tavullia. Ausgenommen andere italienische Fahrer zum Beispiel. Und was es für eine Liebe ist, sie wollen einen ganz und gar mit Haut und Haar oder Helm, Kombi und Bike in diesem Fall. Ein Idol zum Anfassen, umarmen ganz nah sein. Sie kämen nie auf die Idee, dass es zu viel Liebe sein könnte dass sie ihr Idol zu sehr bedrängen. In machen Situationen kann ich es spüren diese zu enge Nähe, wenn Valentino beim Verlassen des Motorhomes fast von seinem Roller gedrängt wird und ich bleibe selbst lieber dabei abseits. Natürlich freue ich mich wenn auch ich ein gemeinsames Bild bekomme und auch mir bedeutet es viel neben meinem Idol zu stehen, aber nicht um jeden Preis. Denn für mich ist er neben seinem Talent und den unzähligen Weltmeistertiteln auch eine Person mit einem Privatleben und jemand der auch an einem Rennwochenende die Möglichkeit braucht, sich auf seine Aufgabe fokussieren zu können. Nebenbei gesagt werden ihr von mir also hier nie Fotos finden, die zu persönlich sind. Diese Bilder bleiben schön bei mir im Kopf.

So beobachte ich an diesem Wochenende eher das bunte Treiben, genieße in vollen Zügen die Atmosphäre, lausche den Motoren und atme Rennluft, eine Mischung aus Gummi, Asphalt, Öl und Maschinen wenn ihr wisst was ich meine.

Mitten in der Nacht von Samstag zu Sonntag pilgern die Rossifumi schließlich zur Rennstrecke. Es ist gerade mal 1:00 Uhr und doch sind viele Menschen auf den Beinen. Das Fahrerlager schlummert, doch ringsum ist Highlife. Der kleine Markt in Scarperia wird zur Feiermeile für die, die diese Action brauchen. Etwas was man sonst eher vom Sachsenring kennt. Das Beste scheint wirklich man bleibt gleich an der Strecke, denn am Rennsonntag bricht das totale Anreisechaos aus. Der frühe Fan ist schon ab 6.00 Uhr auf den Beinen, wenn er denn nicht direkt an der Strecke übernachtet hat. Für Fans ist es an diesem Circuit etwas ganz besonders mit Renngeräuschen aufzuwachen und direkt vom Zelt aus das Rennen sehen zu können. Ich selbst suchte mir einen halbschattigen Platz nahe des Tracks direkt hinter der Startzielgeraden. Von dort bot sich mir ein fantastischer Blick auf die Strecke, die vorbeirasenden Motorräder der Moto2, Moto3 und MotoGP und die gegenüberliegende Fanschar. Im englisch-italienisch-Mix lernt man auch da schon mal Fans kennen und so konnte ich mein italienisch ausprobieren und mit Fans über Fahrer und die Fanliebe diskutieren. Mugello Circuit ist wie gesagt Rossiland und so passiert es auch schon mal das Fahrer, die an diesem Wochenende nicht so ein gutes Händchen haben und stürzen dafür bejubelt werden, dass sie gestürzt sind. Man hat es hier eben nicht leicht, wenn man Spanier o. a. Nationen ist und um den besten Platz kämpft. Hier zeigt sich die ganze Fanliebe. Zum Ende des Hauptrennens, in dem sich Valentino Rossi auf den 3. Rang vorgekämpft hat, strömen die Fans in Scharen zu den Toren an der Strecke. Es gibt kein Halten mehr. Die Fotografen bringen sich in Sicherheit, die Teams bauen ihre Kommandostände ab, Polizei und Security nimmt Aufstellung für dass sich jährlich wiederholende Prozedere. Kaum ist das letzte Motorrad über die Ziellinie öffnen sich die Tore und die Fans stürmen die Strecke. Was anders wo nicht möglich wäre, wird hier zum Riesenspektakel. Links und rechts von mir überspringen Fans den Zaun und rennen in Richtung Podium. Auch ich überlege kurz, angesteckt von soviel Begeisterung und voller Euphorie lass es aber, da ich mit Zäunen eher schlechte Erfahrungen habe. Ich husche durch das Tor zurück ins Fahrerlager und hinter mir werden die "Schotten dichtgemacht". Eine riesige gelbe Fantraube bildet sich vor der Tribüne. Gelbe und rote Farbfackeln werden gezündet, Sprech- und Gesangschöre erklingen und verlangen nach Vale. Es ist eine Stimmung wie auf einem Rockkonzert. Der absolute italienische Wahnsinn. Gänsehautfeeling. Die Siegerehrung wird zum Fest. Der eigentliche Sieger des Rennens Spanier Jorge Lorenzo geht dabei unter. Valentino Rossi genießt den Trubel vom Podium aus und auch ich freue mich mit ihm und verdrücke die eine oder andere Träne. Im Großen und Ganzen ist es schon ein Erlebnis ein Rennen in Mugello. Aber eines muss man hier eindeutig haben, Geduld, Nerven oder italienische Gelassenheit.











Schaut man auf die Facebookseite des Mugello Circuit findet man u.a. Bilder wie diese:

Quelle: https://www.facebook.com/mugellocircuit?fref=ts

Am Ende des Tages hieß es für uns, noch einmal warten.

Geduld für die Heimreise ist nach dem Rennen angesagt, wenn alle nach Hause strömen und es keine klare Verkehrsregelung gibt. 3-4h im Stau stehen? In bella Italia ist dass Alles halb so wild :-)